Geschichte

Die Geschichte des Hotel Glacier.

Das Hotel Glacier wurde im Jahr 1864 erbaut und ist eines der ältesten Hotels der Region. Der Erbauer ist nicht bekannt, jedoch einer der ersten Besitzer, Christian Burgener, von 1864 bis 1888 Bürgermeister von Grindelwald.1875 baute er die Pension Burgener, das heutige Hotel Spinne.

 Seinen Namen verdankt das Hotel Glacier der Nähe zu den beiden Gletschern, dem Oberen- und dem Unterengletscher; dieser reichte damals bis ins Tal hinunter, bis vor die Brücke des Hotels. Schon vor dem Bau des Hotels wurde das Eis der Gletscher in harter Handarbeit abgetragen und zu Kühlzwecken ins Tal befördert. So waren die Eisarbeiter die ersten „Touristen“, welche das Hotel samt ihren Pferden beherbergte.

Die Anfänge

Damals endete die Strasse von Interlaken nach Grindelwald direkt  beim Hotel: so ist auch die Adresse des Hotels geschichtlich begründet: Der „Endweg“  war die letzte Strecke, welche von den Pferdekutschen befahren werden konnte. Von hier aus mussten die Männer per Pferd oder zu Fuss zum Gletscher gelangen, um das Eis abzutragen und die massiven Blöcke hinunter zu transportieren. 1863 erhielt die Firma Schegg & Böhlen die Konzession für den kommerziellen Eisabbau; auf einer neuen Strasse wurden die Eisblöcke dann von Grindelwald Grund nach Interlaken befördert und von dort mit dem Zug bis nach Paris transportiert.

Der wichtigste regionale Kunde für das Eis war der Bierbrauer Christian Indermühle in Interlaken, der Begründer der heutigen Brauerei Rugenbräu.

Von einem Schafstall zu einem Hotel.

Das Hotel Glacier und sein Stall wurden Mitte des 19. Jahrhunderts gegründet, um die ersten Touristen der Region, Eisarbeiter mit ihren Pferden, zu beherbergen. Das Hotel und Restaurant Glacier war der erste registrierte Name im Jahr 1873 in den Steuerbüchern des Kantons Bern. Allerdings erschien das Hotel vor 1873 auf zahlreichen Gemälden und zeigt ein sehr eifriges Leben und regen Handel. In dieser Zeit war der Hotelier, Wendel Nachtigall, Besitzer des ursprünglichen Gebäudes mit vier Dachfirsten.

Am Ende des 19. Jahrhunderts waren der Unterergletscher und seine spektakulären Eistürme (Séracs) eine nationale Touristenattraktion und der Hauptgrund, warum Touristen nach Grindelwald reisten. Bereits 1857 nutzten die ersten Bergführer und Touristen den Weg über den Unterergletscher, um auf den Gipfel des Mönchs zu steigen.

1890 – Traum der Höhen

Ein paar Jahre nach der Gründung des Hotels begann der Tourismus in der Gesellschaft wichtiger zu werden, mitsamt dem Traum der Besucher eine Bahn zum Jungfraujoch zu bauen. Dieses Projekt wurde von den Schweizer Behörden am 21. Dezember 1894 genehmigt. Bereits zwei Jahre später, im Jahr 1896, begann der Bau der Jungfraubahn. 1905 eröffnete die Jungfraubahn die Station Eismeer auf der Rückseite des Eigers und die waghalsigsten Skifahrer nahmen die Route über den Gletscher bis hinunter nach Grindelwald.

Am 1. August 1912 erreichte der erste Zug mit rund 50 Passagieren das Jungfraujoch in 3454m Höhe. Es fand eine grosse Feier statt, als ein Ingenieur namens Zscholle, am Schweizer Nationalfeiertag die Schweizer Flagge auf dem Plateau hisste.

Der kurze Zeitraum vor 1890 ist ebenfalls für das Hotel Glacier wichtig, als die Brüder Bally das Hotel kauften und mit umfangreichen Bauarbeiten begannen. Das war das goldene Zeitalter des Hotels Glacier. Im Dorf wurde der neue Bahnhof „Grindelwald Dorf“ durch die Berner-Oberland-Bahn eröffnet und der Verkehr erstreckte sich nun bis zur Dorfstrasse.

Die Jahrhundertwende – Der Tourismusboom

Im frühen 20. Jahrhundert begann der Alpentourismus zu florieren und das Hotel Glacier wurde zu einem klassischen englischen Palasthotel ausgebaut – dem heutigen Hotel Regina.

Der Gletscher war sehr gut begehbar und Touristen erreichten die unteren Teile mit Pferdekutschen oder sie konnten von dort aus direkt auf dem Eis gehen. Dies gab dem Gletscher auch den Namen „Gletscher der Damen und Stutzer“.

Der Mieter Samuel Elie Jaquiéry kaufte das Hotel du Glacier im Jahr 1903. Das Hotel ist ganzjährig als Familienhotel geöffnet und bot Annehmlichkeiten wie modernen Komfort, Zentralheizung, elektrische Beleuchtung und Badewannen. Zu dieser Zeit bot das Hotel auch eine Eislaufbahn im Freien an, wie das viele Hotels in Grindelwald hatten.

Mit dem Wetterhorn-Aufzug kam 1908 eine weitere grosse Touristenattraktion: Die allererste Luftseilbahn für den öffentlichen Verkehr in der Schweiz. Die Seilbahn war ein großer Erfolg, aber nur die erste von vier Stationen wurde realisiert. Als der Erste Weltkrieg ausbrach, wurde der Betrieb eingestellt. Der Tourismus endete abrupt.

Die Gletscher-Diebe

Der Sommer des Jahres 1911 war ungewöhnlich heiss und auch Grindelwald erlebte eine Dürre. Das Eisgeschäft von Schild und Jossi lief besonders gut; um Hotels und Restaurants zu beliefern transportieren sie mehr als 200 Tonnen Eis ins Tal; zwar gab es schon Kältemaschinen, doch sie waren für Lebensmittel ungeeignet. In den Zeitungen dieses Jahres erschienen die ersten Artikel über die schmelzenden Gletscher; Schild und Jossi wurden als „Gletscher-Diebe“ bezeichnet und des Raubbaus des Gletschers bezichtigt. Sie verteidigten sich mit der Behauptung, sie hätten nur Eis genommen, das bereits vom Hauptgletscher abgebrochen war.

Krieg und Krise – Das Ende

Der tobende Krieg 1914-1918 hatte negative Auswirkungen auf alle Branchen, aber das Hotelgeschäft wurde am härtesten getroffen. Fast kein Tourist wollte oder konnte irgendein Hotel in der Gegend besuchen und bis 1917 wurde das Essen rationiert. Aber selbst die Rationierung konnte die Nahrungsmittelknappheit nicht verhüten. Die Preise für Konsumgüter verdoppelten sich bis zum Ende des Krieges und viele Hotels in der Schweiz gingen bankrott. Die Schweizer Regierung betrachtete die Entwicklung nicht nur als Zuschauer, sondern sie erließ 1915 ein Bauverbot für Hotels, um weiteren Wettbewerb zu verhindern. Dieses Bundesgesetz war bis 1952 in Kraft. In den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg kam die Hotelwirtschaft langsam wieder in Fahrt, jedoch nur bis zu den nächsten Rückschlägen wie der russischen Revolution und des Börsencrashs im Jahr 1929. Wieder kamen keine Touristen zu Besuch. Schlimmer noch, der Zweite Weltkrieg stand vor der Tür.

Von 1922 bis 1925 wurde das Restaurant Glacier von Fritz Lehman als Pächter geführt. 1927 starb Samuel Elie Jaquiéry. E. Bally-Lüthi aus Interlaken. Die Frau einer der Brüder Bally und ihre Tochter Marie Graf-Bally erbten das Hotel. Mutter und Tochter fanden den neuen Pächter in der Familie Inäbnit-Kaufmann für die Zeit von 1927 bis 1933. Ab 1933 leitete Marie Graf-Bally das Hotel alleine. Angesichts eines dringenden Baubedarfs und der Zerstörung von Hypotheken während des Zweiten Weltkriegs ging sie bankrott.

In der Zeit des Zweiten Weltkriegs waren viele Hotels vollständig von der Schweizer Armee besetzt. Das Hotel Glacier beherbergte nur Soldaten.

Am 23. Juni 1943 entschied das Innenministerium des Kantons Bern, dass das Hotel Glacier bankrott war. Das Hotel musste alle seine Möbel und Wertsachen verkaufen und komplett abgerissen werden. Das Land wurde für 3000.- Schweizer Franken als neues Bauland verkauft. Marie Graf-Bally darf das zweite Gebäude als Restaurant führen. In der obersten Etage bot sie auch Schlafräume mit 20 Strohbetten an, einmal um sich selbst zu versorgen und um die verbleibenden 27000.- dem Kanton Bern zurückzuzahlen. Ihre Mutter E. Bally-Lüthi starb 1944 im Alter von 89 Jahren. Die ursprüngliche Grundfläche dieses Hotels befand sich auf dem heutigen Parkplatz und reichte bis in den Bereich des Chalets Prinzenhof hin.

Ein neuer Anfang – Pension & Restaurant Glacier

Das Stallgebäude hatte von Anfang an Räumlichkeiten für Diener und Reiter im Obergeschoss. 1945 erwarb Adolf Kaufmann-Schindler, ehemaliger Gastgeber des Bergrestaurants Allfluh von 1928-1945, das Restaurant und die Pension Glacier. Erneut empfing das Glacier Gäste. Das Restaurant wurde auch wieder geöffnet. Zu dieser Zeit wurde der Stall (heute der Weinkeller) als „Schwingkeller“ genutzt. Im ersten Stock wurde ein grösserer Raum während der Woche als Turnhalle und am Wochenende als Musikraum der nahe gelegenen Schule genutzt. Um Platz zu schaffen, räumten die Schüler alle Trainingsgeräte in einen anderen Raum und stellten Stühle in die grössere Halle. Seine kahlen weissen Wände gaben dem Gebäude den Spitznamen „Weisse Kapelle“.

Kurz nach dem Kauf vermietete Adolf Kaufmann-Schindler das Restaurant an die Familie Bannholzer. Adolf Kaufmann-Schindler machte in den Jahren 1961, 1968 und 1978 mehrere Erweiterungen im Westen und Süden des Gebäudes. Nach seinem Tod übernahm seine Frau Frida Kaufmann das Unternehmen und heiratete später Fritz Inäbnit. Ihr Kind Ueli Kaufmann arbeitete im Restaurant, wo er später seine Frau Margrit traf. Sie übernahmen 1976 das Glacier.

Das Hotel Glacier & die Musik

Bis 1989 hatten das Hotel und Restaurant eine Ost-West-Ausrichtung der Dachlinie, eine Terrasse auf der Ostseite mit Blick auf das Wetterhorn und sehr wenige Zimmer im Obergeschoss über dem Restaurant. Im Jahr 1989 führten Ueli und Margrit Kaufmann die nächste grosse Renovierung durch; das Glacier wurde wieder ein richtiges Hotel mit drei Sternen und zwei neuen Etagen auf 17 Säulen erbaut. Mit dieser Ausstattung erhielt das Gebäude aussen seinen klassischen Chalet-Look, eine Nord-Süd-Dachlinie mit Blick auf den Eiger, 19 Zimmer und ein Restaurant mit 220 Sitzplätzen im ersten Stock.

Eine landesweite Anerkennung erhielt das Hotel Glacier mit seinen folkloristischen Musikabenden „Musig Abende“, wo das Glacier Ueltsch sich selbst in der Folkloregruppe „Kapelle Wetterhorn“ spielte. Viele Musikgruppen nutzten das Hotel, um ihre CD-Launches zu promoten. Das nationale Fernsehen hat den Veranstaltungsort und seine Musiknächte mehrfach in der Sendung „Potzmusig“ vorgestellt.

Ueli und Margrit Kaufmann suchten 2016 aus Altersgründen einen Nachfolger für das Hotel & Restaurant Glacier.

Das Hotel Glacier ohne seinen Gletscher

Seit Mitte der 1930er Jahre gab es mehrere signifikante Wellen des Gletscherrückzugs. In den 1960er Jahren gab es kurze Zeiten des Gletscherwachstums, doch seit 1998 hat die Schmelze ein dramatisches Tempo erreicht. Mit dem fehlenden Eis ist der neu freigewordene Fels sehr instabil geworden. Das Hörnli am Eiger gegenüber der Bäregg war 2006 Schauplatz eines großen Felssturzes, als zwei Millionen Kubikmeter Gestein auf den Gletscher fielen und ein 250.000 m³ grosser See entstand. Seither hat sich der Gletscher jeden Sommer zurückgezogen.

Das Hotel im neuem Glanz

Im Jahr 2017 erwarben Justine und Jan Pyott das Hotel & Restaurant Glacier. um es umfassend zu sanieren und durch Erweiterungsbauten den heutigen Bedürfnissen und Erwartungen der Gäste anzupassen.

Dabei prägte der sich zurückziehende Gletscher das ganze Umbau- und Renovierungskonzept. Es ist eine Hommage an die Geschichte des Unterergletschers und an die Eisarbeiter einer früheren Epoche.  Viele Massnahmen dienten dem Anspruch, nachhaltig zu sein und gleichzeitig den Gästen höchsten Komfort zu bieten.

Die baulichen Veränderungen umfassten die Verlegung des Eingangs von der Rückseite zur westlichen Fassade mit einem neuen, erweiterten Eingangsbereich in Form einer Lounge und einem Aufzug.  Das Restaurant wurde  eine Etage tiefer gelegt sowie ein Spa und ein Weinkeller eingebaut. Mit 9 zusätzlichen Zimmern umfasst das Hotelangebot nunmehr  28 moderne, geschmackvoll eingerichtete Zweibett-Zimmer, mit dem das 4-Sterne-Haus den Namen Boutique-Hotel mehr als verdient.